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„Zwischen-Zugehörigkeiten – Universitätsabsolvent_innen im Spannungsfeld von Alma Mater und Selbständigkeit“

 

Bericht zum Workshop des bfe auf der Tagung der DGV im Oktober 2017

 

Der bfe war im Oktober 2017 auf der Tagung der DGV (Deutsche Gesellschaft für Völkerkunde*) vertreten. Das Thema dieser Tagung lautete „Zugehörigkeiten: Affektive, moralische und politische Praxen in einer vernetzten Welt”. Sie fand vom 4. bis 7. Oktober 2017 an der Freien Universität Berlin statt.

 

Wie kaum ein anderes schien uns dieses Thema für den bfe und vielen seiner Mitglieder geeignet, sich Gedanken über die eigene Zugehörigkeit zur Disziplin zu machen und zu reflektieren, wie unsere Mitglieder jenseits universitärer Strukturen ethnologische Berufsausübung in der Selbständigkeit bewältigen. Angeregt durch die Vorträge, stellten wir bei der Diskussion unserer eigenen Verortung fest, dass diese in anderen Disziplinen tendenziell weniger dringlich erscheint. Erst die Klassifizierung einer selbständigen Berufspraxis als „angewandt“ führt zur Grenzziehung zwischen universitärer und „anderer“ Ethnologie und macht Verortung erst zu einem entsprechend dringlichem Bedürfnis. Zum anderen hat sich der ethnologische Arbeitsmarkt (noch) nicht auf selbständig Tätige eingestellt und bereitet Ethnolog*innen, die sich als selbständig verorten, größere Herausforderungen.

 

Kerstin Volker-Saad und Angelika Wolf hatten ein Abstract mit dem Titel „Zwischen-Zugehörigkeiten – Universitätsabsolvent_innen im Spannungsfeld von Alma Mater und Selbständigkeit“ eingereicht. Von den ca. 70 Einreichungen wählte der DGV-Vorstand 47 Vorschläge für Workshops aus, darunter auch den des bfe. Wir wurden aufgrund der Nähe unseres Themas zum Hauptthema der Tagung positiv bewertet. Unser Workshop hat die No. 16: https://tagung2017.dgv-net.de/de/workshops/. Die Vortragenden auf dem Workshop waren Jutta Lauth Bacas und Kerstin Volker-Saad. Der geplante Vortrag von Karin M. Naase fiel aufgrund einer Erkrankung leider aus. Anette Rein übernahm als Vorsitzende des bfe die Vorstellung unseres Berufsverbandes. Die Zusammenfassung, Moderation und abschließende Diskussion übernahm Angelika Wolf.

 

Kerstin Volker-Saad und Angelika Wolf (Foto: Anette Rein)

 

Anette Rein konnte einführend aufzeigen, dass unsere 37 Mitglieder in 56 Ländern und in 22 Regionen mit 45 Ethnien und in 23 Sprachen arbeiten. Dabei bieten wir 113 Arbeitsbereiche mit 85 Themen an. Von den 113 Arbeitsbereichen werden 29 alleinig von einer Person vertreten, und von den 85 Themen werden 39 jeweils nur von einem Mitglied angeboten. Anette Rein betonte, dass die Idee einer späteren selbständigen Tätigkeit weder im Curriculum noch im Studium der Ethnologie bzw. Sozial- und Kulturanthropologie eingebunden ist. Desweiteren verwies sie auf die Schwierigkeiten, denen Absolvent*innen beim Einstieg in eine nicht akademische Berufstätigkeit begegnen. Diese beiden Aspekte bildeten die Hauptgründe für die in 2010 gestartete Initiative zu einem Berufsverband für Selbständige und führten in 2012 schließlich zur Gründung des Vereins für freischaffende Kolleg_innen.

 

Jutta Lauth Bacas reflektierte in ihrem Vortrag mit dem Titel Selbständigkeit als Verortungsfeld ethnologischer Berufsausübung die Voraussetzungen, Rahmenbedingungen und Schwierigkeiten einer selbständigen Tätigkeit in projektbezogenen Berufsfeldern:

„… an der Schnittstelle zwischen den Hallen der Alma Mater und den vielfältigen Räumen der öffentlichen und politischen Diskussion“ hat sich das Berufsbild der selbständigen Ethnologin herausgebildet.

Aus ihren Erfahrungen empfiehlt sie Absolvent_innen, sich zunächst um eine Festanstellung zu bemühen – zum einen um praktische Berufserfahrung zu sammeln, zum anderen um den wichtigen Versicherungsschutz in der Kranken- und Rentenversicherung zu garantieren. Über eine nebenberufliche Selbständigkeit ist es dann besser möglich zu testen, ob und wie gut eine Beratungs-, Schulungs- oder andere Geschäftsidee angenommen wird.

Vor allem aber kritisiert Lauth Bacas den Begriff „angewandte Ethnologie“ und verweist darauf, dass in anderen Wissenschaften wie der Jurisprudenz, der Medizin oder Psychologie derartige Trennungen nicht vollzogen würden. Beispielsweise käme niemand auf die Idee die Berufstätigkeit eines Notars oder einer Rechtsanwältin mit eigener Kanzlei als „Angewandte Rechtswissenschaft“ zu bezeichnen. Konsequenterweise fordert sie, dass das Fach die Notwendigkeit einer Öffnung und Erweiterung des eigenen Blicks in Betracht zieht.

 

Kerstin Volker-Saad thematisierte in ihrem Vortrag Provenienzforschung – notwendige Grundlagenforschung im Mahlwerk vertraglicher Zwänge, statusgebundener Förderung und institutionellen Unsicherheiten die wissenschaftliche Untersuchung von unrechtmäßig erworbenen Objekten im Museum als Herausforderung für eine selbständige Tätigkeit. Museen und Kurator_innen ethnologischer Sammlungen sind zunehmend aufgefordert, sich mit dem kolonialen Erbe auseinanderzusetzen, das den Objekten aus allen Teilen der Welt möglicherweise anhaftet. Volker-Saad überprüfte zum einen, ob der Recherche-Ansatz der Forschung zu NS-Raubgut auf die Erforschung des kolonialen Erbes von außereuropäischen Sammlungen dienen könnte. Zum anderen diskutierte sie welche „technischen“ Schwierigkeiten auftreten, um ethnologische Fachkräfte für eine Aufgabe in der Provenienzforschung zu gewinnen. Der Vortrag zeigte auf, dass bei Provenienzforschungen in ethnologischen Zusammenhängen fachspezifische Vorüberlegungen häufig zu kurz gekommen sind und dass der methodische Ansatz aus der Forschung zu Raubkunst nicht deckungsgleich für Provenienzforschungen in ethnologischen Sammlungen übernommen werden kann. Die Verortung und der Kontext von Gegenständen bedingen aber nicht nur den methodischen Umgang mit ihnen. Auch wer sich mit ihnen beruflich befasst, scheint eine Angelegenheit von Zugehörigkeit und Verortung. Wenn sich Museen, Universitäten und andere Einrichtungen der Provenienzforschung widmen, schreiben sie in der Regel befristete Mitarbeiterstellen aus. Es gibt keine Ausschreibungen, die als zielgerichtete Aufgabe „Auffinden der Provenienz“ definiert und die so von freiberuflichen ethnologischen Provenienzforscher_innen anlassbezogen ausgeführt werden könnten. Ein Bieterverfahren, durch welches der „Arbeitgeber“ zum „Auftraggeber“ wird, fehlt fachnahen Einrichtungen (noch) in deren Erfahrungsspektrum ebenso wie das Problembewusstsein, dass Selbständige nicht so ohne weiteres nach dem Aufbau einer eigenen Existenz in eine befristete Anstellung wechseln können.

 

bfe Workshop während der Tagung der dgv 2017 (Foto: Anette Rein)

 

Angelika Wolf stellte zusammenfassend fest, dass die Dynamiken des beständigen Aushandelns von Positionen, die Ethnolog_innen häufig untersuchen, auch vor der eigenen beruflichen Verankerung nicht Halt machen. Der Workshop des bfe stellte im Gegensatz zu vielen anderen Workshops nicht die Erfahrung und Lebenswelten Anderer – unserer Informant_innen im Feld – in den Fokus, sondern Mittelpunkt und Gegenstand von Analyse und Reflektion war die eigene Erfahrung im beruflichen Feld. Der weitaus größte Teil der Hochschulabgänger_innen unseres Faches ist in nicht-akademischen Bereichen tätig und verortet sich in Feldern des Arbeitsmarkts, für die wir eher indirekt ausgebildet werden. Diese neuen Verortungen werden in der normativen Ordnung des Universitätsbetriebs allerdings als nicht zugehörig gewertet. Mit dem Ende der Ausbildung kappt die Alma Mater scheinbar die sozialen Bindungen und errichtet Grenzen. Andere Fächer scheinen hier durchlässiger und grenzen das Thema Selbständigkeit weder in der Lehre noch als berufliche Option aus.

 

Die DGV hat sich mit der Änderung ihres kolonial wirkenden Namens in gewisser Weise auch selbst neu verortet. So stellt sich die Frage, ob die universitären Institute unseres Fachs zukünftig eine selbständige Berufstätigkeit als mögliche Perspektive für Absolvent_innen und nicht als nachgeordnete Möglichkeit im Vergleich zu einer Karriere im Wissenschaftsbetrieb betrachten?

 

Angelika Wolf, Institut für Sozial- und Kulturanthropologie, FU Berlin

 

* Fußnote: die DGV hat sich auf der Mitgliederversammlung in DG SKA (Deutsche Gesellschaft für Sozial- und Kulturanthropologie) umbenannt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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